Wasserstoff aus Wüstenluft

Australische Wissenschaftler haben eine Technik zur Herstellung von Wasserstoff entwickelt, die ohne flüssiges Wasser auskommt. Genutzt wird Luftfeuchtigkeit, die nur einige Prozent betragen muss. Für Wüstenregionen eröffnet das neue Möglichkeiten.

Die Gewinnung von Wasserstoff durch elektrochemische Spaltung von Wasser ist eine Schlüsseltechnologie zur Produktion klimaneutraler Energieträger. Wenn die dafür benötigte elektrische Energie aus Solar- oder Windenergie stammt, steht mit dem so produzierten grünen Wasserstoff ein chemischer Energieträger zur Verfügung, bei dessen Verbrennung kein Kohlendioxid freigesetzt wird. Wasserstoff lässt sich speichern, transportieren und in vielfältiger Weise nutzen – von der Mini-Brennstoffzelle im Smartphone bis hin zum klimaneutralen Treibstoff für Flugzeuge.

Ein Aspekt stand bislang aber nicht im Fokus: Lassen sich Elektrolyseure auch betreiben, wenn Süßwasser knapp ist? Schließlich ist mehr als ein Drittel der Erdoberfläche Wüste oder zumindest semi-arid. Und doch leben in diesen Regionen viele Menschen – 20 Prozent der Weltbevölkerung.

Die Nutzung von Salzwasser, dort wo es zumindest einen Zugang zum Meer gibt, ist für Elektrolyseure jedenfalls keine Lösung. Das dann bei der Zersetzung von Meerwasser entstehende Chlorgas wäre nicht nur ein Problem für die Katalysatoren, es ist auch ein giftiges Abfallprodukt.

Man bräuchte also erst einmal Meerwasserentsalzungsanlagen, um mit dem so gewonnenen Süßwasser einen Elektrolyseur betreiben und Wasserstoff herstellen zu können. Das erhöht den Strombedarf deutlich und würde die Wasserstoffproduktion ziemlich ineffizient machen.

 Doch jetzt haben Wissenschaftler der Universität Melbourne in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ eine neue Technologie vorgestellt, die das Herstellen von Wasserstoff gleichsam ohne Wasser ermöglicht. Bei der sogenannten Direct Air Electrolysis (DAE) wird lediglich die Umgebungsluft herangezogen, die auch in trockenen Regionen immer noch ein wenig Wasser erhält.

Der Forscher Gang Kevin Li berichtet, dass die Sache auch noch mit knochentrockener Luft funktioniere. Die DAE-Anlage habe noch bei einer Luftfeuchtigkeit von nur vier Prozent problemlos funktioniert und Wasserstoff geliefert.

Der Strom für das Experiment wurde von Solarzellen geliefert. Doch die Sache funktioniert natürlich ebenso gut, wenn die elektrische Energie von einer Windkraftanlage stammt. Ganze zwölf Tage arbeiteten die fünf zusammengeschalteten Elektrolysezellen-Module ununterbrochen, bevor die Forscher den Versuch beendeten. Die tägliche Produktionsmenge Wasserstoff pro Quadratmeter Kathode betrug 745 Liter. Den Wirkungsgrad geben die Wissenschaftler mit 95 Prozent an.

Herzstück der Luft-Elektrolysezelle ist ein mit Schwefelsäure getränkter Schwamm, der nicht nur die Aufgabe des Elektrolyten übernimmt. Schwefelsäure (H2SO4) ist eine sehr wasserliebende Substanz, die aus der trockenen Umgebungsluft die darin noch vorhandenen Wassermoleküle begierig aufnimmt und somit der Anlage zur Spaltung in Wasserstoff und Sauerstoff zuführt. Durchgeführt wurde der Versuch bei einer Temperatur von 25 Grad Celsius.

https://www.welt.de/wissenschaft/article240902031/Gruener-Wasserstoff-Energie-aus-knochentrockener-Luft.html  

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