"WIR BRAUCHEN JETZT DIE EU-REGULIERUNG FÜR WASSERSTOFF"

Straßburg (energate) - Der SPD-Politiker Jens Geier (MdEP) ist Berichterstatter des Europaparlamentes für die EU-Wasserstoffstrategie. Im Interview mit energate spricht er über die notwendigen Rahmenbedingungen für den Markthochlauf, den Einsatz von blauem Wasserstoff und Partnerschaften mit Erzeugerländern.

energate: Herr Geier, die EU will das Klimaziel für 2030 erhöhen. Was bedeutet das für die europäische Wasserstoffstrategie. Muss hier noch mal nachgesteuert werden?

Geier: Die EU-Wassersstoffstrategie ist so angelegt, dass sie das höhere EU-Klimaziel im Blick hat. Auch mein Bericht zur Strategie für das EU-Parlament ist so verfasst, dass ein höheres Ziel von 60 Prozent weniger CO2 bis 2030, wie es ja die Mehrheit der Parlamentarier fordert, abgedeckt ist. Insofern gibt es da keinen Anpassungsbedarf. Was aber durch das neue Klimaziel deutlich wird, ist, dass wir Wasserstoff in jedem Fall brauchen, um Sektoren, wo es wenig Alternativen gibt, zu dekarbonisieren.

energate: Es geht bei der Strategie auch darum, Europa beim Thema grüner Wasserstoff international zu positionieren, etwa im Wettbewerb zu Anbietern aus Asien. Reichen die Ziele dafür?

Geier: Wir müssen genau hinschauen, Japan etwa setzt auf den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft, nutzt aber weiter die Kernenergie und Importkohle aus Australien. Das wollen wir so nicht. Klar ist aber, dass wir eine Schippe drauflegen müssen, etwa beim Ausbau der erneuerbaren Energien, damit wir die Ausbauziele der Mitgliedsländer und der EU beim Wasserstoff auch mit grüner Energie hinterlegen können.

energate: Viele Unternehmen kündigen aktuell Wasserstoffprojekte an. Was ist Ihrer Meinung notwendig, damit aus den Vorhaben tatsächlich Realität wird?

Geier: Projekte in der Pipeline gibt es in der Tat viele. Was aber jetzt kommen muss, sind die Business Cases. Dafür brauchen wir die Regulierung, die Standards, Regeln für Herkunftsnachweise. Solange darüber Unsicherheit besteht, wird kaum jemand investieren, es sei denn, wir fördern massiv mit öffentlichem Geld. Kurz: Wir brauchen jetzt die EU-Regulierung für Wasserstoff.

energate: Welche Rolle kann ein höherer CO2-Preis spielen, um grünen Wasserstoff attraktiver zu machen?

Geier: Der CO2-Preis hat natürlich einen Einfluss. Die EU-Kommission hat auch angekündigt, im Zuge des Green Deals und des Ziels der Klimaneutralität beim ETS nachzusteuern. Aus der Erfahrung der Vergangenheit kann ich nur sagen, dass das schwierige Verhandlungen werden.

energate: Für den Übergang könnte auch Wasserstoff auf Erdgasbasis eine Rolle spielen. Wie sehen Sie die Perspektiven?

Geier: Über das Thema blauer Wasserstoff zeichnet sich im EU-Parlament tatsächlich eine Diskussion ab im Hinblick auf meinen Bericht. Es gibt die eine Seite, die sehr gerne auf blauen Wasserstoff setzen möchte, mit wenig oder auch ohne Beschränkungen. Das käme einer reinen Verlängerungsperspektive für die Erdgasbranche gleich. Auch wenn Erdgas weniger CO2-intensiv als andere fossile Energieträger, darf es dabei nicht bleiben. Die andere Seite im Parlament sagt, dass Wasserstoff ohnehin nur eine Notlösung für Bereiche ist, die sich nicht elektrifizieren lassen. Außerdem soll er ausschließlich aus grünen Energien gewonnen werden, so das Argument. Diese Strategie würde aber den Einsatz der großen Mengen Wasserstoff, die wir zur Dekarbonisierung brauchen, auf Sicht verhindern. Da müssen wir jetzt eine Kompromisslinie finden.

energate: Wie könnte die aussehen?

Geier: Wir müssen die Erneuerbaren massiv ausbauen. Wir können aber in der Zwischenzeit mit dem Markthochlauf von Wasserstoff nicht warten, also muss für den Übergang auch der Einsatz von blauem Wasserstoff möglich sein, der dann schrittweise von Grünem ersetzt wird.

energate: Klar ist aber, dass wesentliche Teile des benötigten Wasserstoffes importiert werden müssen. Welche Länder bieten sich da an?

Geier: Aus logistischen Gründen natürlich unsere Nachbarn. Die Rede ist unter anderem von der Ukraine, wobei ich nicht einschätzen kann, wo dort der grüne Wasserstoff herkommen soll. Ich denke an Partner in Südeuropa oder Nordafrika. Wir können dort den Ausbau von erneuerbaren Energien fördern. Es darf aber nicht sein, dass dort nur für Europa produziert wird. Im Blick behalten müssen wir zudem die Trinkwasserversorgung und Arbeitsbedingungen. Wenn das geklärt ist, könnte Wasserstoff diesen Ländern eine wichtige wirtschaftliche Perspektive bieten.

Link: https://www.energate-messenger.de/news/209170/-wir-brauchen-jetzt-die-eu-regulierung-fuer-wasserstoff-

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