Wird die Europäische Union von China abgehängt?

Die Europäische Union will mit mehr Investitionen in Zukunftstechnologien die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Firmen erhöhen - auch angesichts der zunehmenden Stärke Chinas.

Es solle verhindert werden, dass sich Gewichte einseitig verschieben, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) am Freitag in Berlin.
«Wir wollen erreichen, dass Europa wirtschaftlich stärker wird.»

Ein starkes und erfolgreiches Europa sei auf Dauer nur möglich mit einer starken Industrie, sagte Altmaier nach einer informellen Videokonferenz der für Wettbewerbsfähigkeit zuständigen EU-Minister. Es komme nun vor allem darauf an, Zukunftstechnologien für den digitalen Wandel und für mehr Klimaschutz zu fördern. Das ist auch das Ziel einer europäischen Industriestrategie, die im kommenden Jahr überarbeitet werden soll.

Wasserstoff gilt als vielfältig einsetzbarer Energieträger. Etwa aus Windenergie hergestellter Wasserstoff ermöglicht es nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums, CO2-Emissionen vor allem in Industrie und Verkehr zu verringern. Zudem gehe es bei Wasserstofftechnologien um zukunftsfähige Arbeitsplätze und einen globalen Milliardenmarkt.

Vizekommissionschefin Margrethe Vestager sagte: «Innovation ist der Schlüssel.» Wasserstoff solle ein Vorzeigeprojekt werden, um etwa die Produktion «grünen Stahls» zu ermöglichen.

Geplant ist eine europäische Wasserstoff-Allianz wie beim Aufbau einer Fertigung von Batteriezellen für Elektroautos. Bis wann aber ein solches wichtiges Projekt im europäischen Interesse (IPCEI) zum Wasserstoff starten soll, ist offen. Für die Umstellung der Produktion etwa beim Stahl sind Milliardensummen nötig. Altmaier hatte der angeschlagenen Stahlindustrie bereits finanzielle Unterstützung zugesagt.

Die Stahlindustrie wird belastet auch von Überkapazitäten auf dem Weltmarkt, getrieben vor allem durch chinesische Konzerne. Altmaier und Vestager betonten am Freitag, es müsse zu fairen Wettbewerbsbedingungen kommen. Das zielt vor allem auf staatlich subventionierte chinesische Firmen, die in Europa auf Einkaufstour gehen. Vestager sprach von Wettbewerbsverzerrungen. Zugleich betonte sie, die EU bleibe ein offener Markt.

Die EU-Kommission hatte im Sommer ein Strategiepapier vorgelegt. Staatlich subventionierte Unternehmen aus China und anderen Ländern sollen es bei Einkaufstouren in der EU künftig schwerer haben. Es soll gleiche Wettbewerbsbedingungen geben. Dies ist auch ein Anliegen von Altmaier, der wiederholt vor einem «Ausverkauf» deutscher Wirtschaftsinteressen gewarnt hat.

Während viele EU-Staaten aktuell gegen sprunghaft steigende Corona-Neuinfektionen kämpfen, hat die chinesische Wirtschaft die Krise zunehmend hinter sich gelassen. China ist auf dem Weg, in diesem Jahr als einzige große Volkswirtschaft der Welt zu wachsen. Die Führung in Peking sieht die Pandemie seit Monaten weitestgehend unter Kontrolle.

Dagegen sprach Altmaier von einer sehr ernsten Lage in Deutschland und Europa. «Die Infektionszahlen sind viel zu hoch.» Grenzschließungen in der EU sollten vermieden werden, machte er deutlich. Der für Binnenmarktfragen zuständige EU-Kommissar Thierry Breton sagte, die Grenzen sollten auf keinen Fall wieder geschlossen werden. Der Binnenmarkt dürfe nicht auseinanderreißen.

Zu Beginn der Corona-Pandemie hatte etwa Deutschland Grenzkontrollen wiedereingeführt - an vielen Grenzen zu den Nachbarländern kam es zu Chaos. Grenzgänger, die im jeweils anderen Land arbeiteten, durften die Grenze zwar passieren - da ein Großteil der Übergänge aber geschlossen war, kam es zu langen Staus und Wartezeiten.

FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sagte: «Grenzschließungen und Chaos wie bei der ersten Welle sind pures Gift für den Binnenmarkt und unsere exportorientierte Wirtschaft. Die Rücklagen und Puffer sind bei vielen Unternehmen durch den ersten Lockdown aufgebraucht. Ein zweiter Lockdown würde sehr wahrscheinlich mehr Unternehmen und Arbeitsplätze gefährden als im Frühjahr.»

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